„Hinaus aus der eigenen kirchlichen Bequemlichkeit“: Andrea Riccardi ist Hauptredner der GEKE-Vollversammlung

Als Hauptredner der Vollversammlung konnte Andrea Riccardi, Gründer der Gemeinschaft Sant‘Egidio, gewonnen werden. Bei der im Zuge der GEKE-Vollversammlungen traditionell als „Zeitansage“ bezeichneten Ansprache gehe es darum, den Blick einer nicht aus der GEKE kommenden Persönlichkeit auf ein aktuelles Thema kennenzulernen, wie Dr. Mario Fischer, zukünftiger Generalsekretär der GEKE, erklärt: „Prof. Riccardi setzt sich konsequent für eine Hinwendung der Kirchen zu den Rändern der Gesellschaft ein. Wir sind als Kirchen dazu herausgefordert, unsere Komfortzone zu verlassen und den Menschen das Wort der Hoffnung zuzusagen: dass ihr Leben eine Zukunft hat!“

In seinem aktuellen Buch „Die Peripherie“ knüpft  Riccardi an den programmatischen Weg von Papst Franziskus an, den dieser bereits in seiner Heimat in Buenos Aires gelebt habe und nun in seinem Pontifikat fortsetze: hinauszugehen aus der innerkirchlichen Bequemlichkeit hin zu den Rändern, die das Evangelium brauchten. Riccardi spricht konsequent von der Peripherie, sowohl wenn er von geographischen Randlagen spricht, als auch wenn es um die menschliche Existenz am Rande der Gesellschaft geht. Die abgezäunten Viertel der Reichen neben den Slums der Großstädte degradieren diese zur Peripherie in geographischer und menschlicher Hinsicht. In der globalen Perspektive werden ganze Kontinente, wie Afrika, als Peripherie angesehen. Für die Ausrichtung des Pontifikats von Franziskus auf die Hinwendung zu den Menschen in der Peripherie prägt Riccardi den Begriff der Geotheologie.

Was nun die Kirchen betrifft, so haben diese sich sowohl strukturell durch ihr Territorialprinzip mit seinen Verwaltungseinheiten, als auch durch ihre schrittweise Abgrenzung vom Proletariat (spätestens seit der industriellen Revolution) von den Menschen entfernt, so Riccardi. Religiöses Leben müsse (wieder) durch Gemeinden aus der Peripherie gestaltet werden, so wie der Weg Jesu einer aus der Peripherie ins Zentrum gewesen sei.

„So wie aus der Peripherie, von Individuen und kleinen Gruppen, immer wieder Impulse für den Glauben kamen, so wollen auch wir Evangelische, die wir mehrheitlich in Diasporakirchen zu Hause sind, in die Gesellschaft wirken und so unserer Verantwortung auch für die Ränder gerecht werden.“ sagt Mario Fischer. „Wir wollen den Auftrag, den wir als Kirchen haben, dort ausführen, wo wir am dringendsten gebraucht werden.“

Prof. Dr. Andrea Riccardi (* 1950 in Rom) ist Gründer der Gemeinschaft Sant’Egidio, die sich in vielen Ländern für die Weitergabe des Evangeliums, den Dienst an den Armen und für Frieden. Gemeinsam mit der Waldenserkirche, die Mitglied der GEKE und bei der Vollversammlung in Basel vertreten ist, unterhält Sant’Egidio das offizielle italienische Programm der „humanitären Korridore“, das Flüchtlingen die sichere Einreise nach Europa ermöglichen soll. Riccardi ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Rom III, Präsident der Dante Alighieri-Gesellschaft und Träger zahlreicher Auszeichnungen, darunter des Karlspreises 2009.

„Zeitansage“ von Prof. Dr. Andrea Riccardi
Samstag, 15. September 2018, 20.00 Uhr
Leonhardskirche Basel (Leonhardskirchplatz, in Gehweite des Münsters)
Sprache: Französisch; Übersetzung Deutsch und Englisch geplant (Achtung – begrenzte Kopfhörerzahl!)
Der Vortrag ist öffentlich zugänglich.

Literaturhinweise:

Andrea Riccardi: Die Peripherie. Ort der Krise und des Aufbruchs für die Kirche. Echter Verlag, Würzburg 2017.

Evangelii Gaudium (Über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute), Apostolisches Schreiben, 2013

Wien, 27. August 2018

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27.08.2018 Ingrid Monjencs

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